Text und Fotos: Roswitha Strüber
Als Naomi Schemers Lied „Jeruschalajim shel Zahav – Jerusalem aus Gold“ im Mai 1967 beim israelischen Gesangfestival von Shuly Nathan als Pausenfüller vorgetragen und zur Überraschung aller einen Tag später als „Lied des Jahres“ ausgezeichnet wurde, ahnte niemand, welch emotionale Dynamik der Song auslösen würde. In ihrer Begrüßungsrede erinnerte Irina Katz anlässlich der Feier zu Jom Jeruschalajim an die Erfolgsgeschichte dieses poetischen und gefühlsbetonten Jerusalem-Liedes, das es fast bis zur israelischen Nationalhymne geschafft hätte. Die Vorstandsvorsitzende der israelitischen Gemeinde hatte am Montag, den 10. Mai 2021 zu einer Feierstunde in die Synagoge eingeladen, um den Tag der Wiedervereinigung Jerusalems, der seit 1998 israelischer Nationalfeiertag ist, mit Vorträgen und Musik zu begehen. Am Ende des Sechstagekrieges im Juni 1967 war es den israelischen Truppen gelungen, die Altstadt von Jerusalem mit Tempelberg und Klagemauer zu befreien und so wieder uneingeschränkten Zugang zu den heiligen Stätten des Judentums zu ermöglichen. Dies war auch Thema der verschiedenen Kurzvorträge, die im ersten Teil der Veranstaltung gehalten wurden.
So skizzierte Johannes Reiner, ehemaliger Vorsitzender des Freundeskreises Freiburg-Tel Aviv/Jaffo und langjähriger Organisator und Begleiter der Freiburger Bürgerreisen nach Israel, im Schnelldurchlauf die 2000 jährige Geschichte Israels und nahm die besondere Stellung des Tempelbergs im Verlaufe der Jahrhunderte und seine Bedeutung für die religiöse Identität des Judentums in den Blick. Die wiederholte Zerstörung des von König Salomon errichteten Tempels und das fast zwanzigjährige Zugangsverbot für jüdische Menschen zu ihrer heiligsten Stätte in den Jahren von 1948 bis 1967 sind ein bedrückendes Trauma für jeden gläubigen Juden. Zum Schluss seines Vortrages bezeichnete Reiner die geplante Demonstration der Gruppe „Palästina spricht“, die wenige Tage später am Gedenkbrunnen auf dem Alten Platz der Synagoge stattfinden soll, als unerträgliche Provokation, der deutlich eine Absage erteilt werden muss.
Auch Simon Waldenspuhl, ehemaliges Mitglied des Freiburger Gemeinderates und derzeitiger Geschäftsführer der Gemeinderatsfraktion JUPI, verurteilte die von „Palästina spricht“ beabsichtigte politische Demonstration am jüdischen Gedenkbrunnen und wies auf die tendenziösen und in vielen Facetten falschen Darstellungen der Gruppe hin. Von freier Religionsausübung in mehr als zwanzig Moscheen über demokratische Grundrechte bis hin zu sozialen Absicherungen stehen den in Israel lebenden Arabern die gleichen Rechte zu wie jüdischen Israelis. Diese rechtsstaatlichen Bedingungen existieren jedoch für Juden in den palästinensischen Gebieten nicht, ein Ungleichgewicht, das in der öffentlichen Diskussion von Israel-Kritikern gerne verschwiegen wird.
Beatrix Kirchhofer, Vorstandmitglied des Freundeskreises Freiburg – Tel Aviv/Jaffo, arbeitete mehr als acht Jahre in Jerusalem für den israelischen Gesundheitsdienst und berichtete von ihren Erlebnissen und Erfahrungen aus dieser Zeit. Sie beendete ihren Beitrag mit einem Solostück für Querflöte. Ralf Klinger von der Initiative „Marsch des Lebens“ beschloss den Vortragsteil mit mehreren biblischen Jerusalem-Zitaten.
Im folgenden, musikalischen Teil der Veranstaltung bestimmten Elisa Saliha Wehrle und Antonio Pellegrini das Programm. Die in Freiburg geborene und aufgewachsene Sopranistin, ausgebildet in Operngesang und Musiktheater, begeisterte durch die Variationsbreite ihrer Stimme. Mit Kunstliedern von Brahms, Mendelsson-Bartholdy und Wolf sowie modernen Songs von John Miles, Cassandra Stehen, Christina Aguilera und Leonard Cohen stellte sie ihr weitgefächertes musikalisches Repertoire unter Beweis.
Antonio Pellegrinis Solovioline füllte problemlos den großen Betraum der Synagoge und entführte sein Publikum mit Stücken von Heinrich Biber und Georg Philipp Telemann zunächst in die Zeit des Barock. Es folgte ein Werk aus der Moderne von Astor Piazzolla, dem argentinischen Komponisten und Begründer des Tango Nuevo. Die Zuhörerinnen und Zuhörer bedankten sich bei dem in Emmendingen bei Freiburg lebenden Violinisten mit großem Beifall.
Weitere Liedbeiträge von Vladislav Belinskiy und Kantor Moshe Hayoun ergänzten den musikalischen Teil der Jerusalemfeier.
Zum Gedenken an die gefallenen Soldaten und für alle Opfer des Krieges betete Kantor Hayoun abschließend das traditionelle jüdische Bittgebet „Avinu Malkenu“, bevor die israelische Nationalhymne haTikwa angestimmt wurde.